Das Psychologiestudium eröffnet Absolventinnen und Absolventen eine breite Palette möglicher Karrierewege – auch abseits der Couch.
Das Psychologiestudium erlebt seit Jahren einen Boom, regelmäßig landet es unter den Top Ten der beliebtesten Studienfächer in Deutschland. Gut 90.000 Studierende waren im Wintersemester 2019/2020 im Fach Psychologie eingeschrieben, 3,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch nicht alle von ihnen können den anfänglich oft genannten Wunschberuf Psychotherapeut beibehalten. Dabei eröffnet das Psychologiestudium Absolventinnen und Absolventen eine breite Palette möglicher Karrierewege – auch abseits der Couch.
"Wer sich für ein Psychologiestudium entscheidet, trifft damit noch keine Entscheidung für einen Berufsweg, sondern kann sich im Laufe des Bachelorstudiums an seine Wunsch-Spezialisierung herantasten", sagt Prof. Dr. Anja Lepach-Engelhardt, Professorin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der PFH Private Hochschule Göttingen und verantwortlich für das Bachelorprogramm im Campusstudium. Zu Studienbeginn strebt zunächst über die Hälfte der Psychologiestudierenden einen klinisch-beratenden Beruf an (Handerer, J. 2011; Hertwig R., Stoltzke A. 2014; et al.). Dabei entfallen laut Stellenrecherche der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPS) auf den klinisch-psychologischen Bereich nur 17 Prozent, auf therapeutische Tätigkeiten nur rund sechs Prozent der Stellenausschreibungen. Psychologinnen und Psychologen arbeiten jedoch in vielfältigen Bereichen wie beispielsweise in der Prävention und Gesundheitsförderung, im Betrieblichen Gesundheitsmanagement oder im Personal- und Organisationsmanagement. Auch neuere Bereiche der Psychologie wie Geronto- oder Umweltpsychologie bieten spannende berufliche Perspektiven. Ein berufsbegleitendes Fernstudium ermöglicht Psychologie-Interessierten zudem verschiedene Möglichkeiten, sich parallel zur Berufstätigkeit auf einen Teilbereich der Psychologie zu spezialisieren und so neue berufliche Schwerpunkte zu setzen.
Demografische Entwicklung erfordert Gerontopsychologen
"Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist mit einem wachsenden Bedarf an Gerontopsychologen zu rechnen", sagt Lepach-Engelhardt. "Um auch den Menschen im hohen Alter eine altersgerechte und optimale gesundheitliche Versorgung zu gewährleisten, werden immer mehr Fachkräfte benötigt", so die Professorin. Im Mittelpunkt der Arbeit von Gerontopsychologen steht die persönliche Förderung älterer Menschen, um ihnen eine größtmögliche Selbstbestimmung zu erhalten und so ihre Lebensqualität zu steigern. Sie arbeiten wie Gerontologen vorwiegend in Einrichtungen der Altenhilfe und haben eine psychologisch beratende Funktion.
Umweltpsychologie
Ein ebenfalls noch recht junger Bereich der Psychologie ist die Umweltpsychologie, die sich vielfältig mit der Interaktion von Menschen in der natürlichen und soziokulturellen Umwelt beschäftigt. Der Umgang mit Informationswelten und Digitalisierung gehören ebenso dazu, wie auch die Themen Globalisierung und Nachhaltigkeit. Die Umweltpsychologie untersucht unter anderem, was Menschen psychologisch an einer umweltverträglichen und ressourcenschonenden Lebensführung hindert. Auch die psychischen Auswirkungen von Umwelt-Faktoren auf den Menschen werden untersucht. "Umweltpsychologen findet man an Hochschulen und Forschungszentren, in Behörden, Ministerien und Ämtern, sie sind aber auch als selbstständige Berater tätig", erläutert Lepach-Engelhardt. Im Berufsalltag sind die Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie beispielsweise bei Vereinen und Organisationen relevant, die mittels Aufklärungskampagnen das Verhalten von Menschen zu ändern versuchen oder die Akzeptanz von zum Beispiel Umweltschutzmaßnahmen erhöhen möchten.
Arbeits- und Organisationspsychologie für eine Arbeitswelt im Wandel
Weil im Arbeitsumfeld psychische Erkrankungen stetig zunehmen, steigt auch der Bedarf an Spezialisten in Unternehmen und Organisationen. Die Zahl der Krankschreibungen von Arbeitnehmern hat aufgrund psychischer Leiden im vergangenen Jahr laut Studie der Krankenkasse DAK einen neuen Höchststand erreicht. Die Anzahl dieser Fehltage sei von 2000 bis 2019 um 137 Prozent gestiegen. "Wer neben Psychologie auch Interesse an Wirtschaftsthemen hat, findet in der Arbeits- und Organisationspsychologie eine spannende Aufgabe", sagt Lepach-Engelhardt. Arbeits- und Organisationspsychologen und -psychologinnen befassen sich mit den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Interessensgruppen sowie der internen und externen Kommunikation in Unternehmen und Organisationen. So beraten sie zum Beispiel zur Führungs- und Organisationskultur, unterstützen bei Veränderungsprozessen oder begleiten die Themen Gender-, Diversity- oder Talent-Management.
Das Berufsfeld des Gesundheitspsychologen nach dem Studium
Sie legen großen Wert auf gesunde Ernährung und Bewegung? Sie haben Spaß daran, andere ebenfalls zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren? Außerdem leiten Sie gerne Gruppen und können gelassen mit Gruppendynamik umgehen? Dann sollten Sie den Beruf des Gesundheitspsychologen beziehungsweise der Gesundheitspsychologin in Betracht ziehen. Sie beraten Einzelpersonen, Familien, Gruppen, Unternehmen oder Organisationen und führen Interventionen wie Kurse oder Workshops zu den Themen einer gesunden Lebensführung durch. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Gesundheit der Ratsuchenden zu fördern, ihr Verhalten im Hinblick auf gesundheitliche Aspekte zu ändern und damit letztlich Krankheiten vorzubeugen. Wichtige Hebel, an denen Gesundheitspsychologen und Gesundheitspsychologinnen ansetzen, sind Ernährung, Bewegung, Konsumverhalten (z. B. Alkohol, Nikotin) und Stressverhalten. In diesem Zusammenhang planen Sie Gesundheitsprojekte, führen diese durch und werten sie abschließend aus.
Das Berufsfeld des Klinischen Psychologen nach dem Studium
Sie sehen Ihre Berufung darin, vorbeugende oder therapeutische Maßnahmen anzuwenden, um psychische Störungen zu verändern, damit es den Betroffenen besser geht? Sie würden gerne als psychologischer Gutachter arbeiten? Sie möchten das menschliche Erleben und Verhalten mittels Grundlagenforschung wissenschaftlich diagnostizieren und klassifizieren? Dann passt die Teildisziplin Klinische Psychologie zu Ihnen. Denn in der Klinischen Psychologie befassen Sie sich auf der Grundlage psychologischer Theorien und Erkenntnisse mit psychischen, psychosomatischen und psychosozialen Störungen. Sie sind in der Forschung und praktisch tätig, um derartigen Störungen vorzubeugen, ihre Entstehung zu verstehen und sie zu behandeln. Als Klinischer Psychologe sollten Sie empathisch mit anderen Menschen umgehen können und ihnen helfen wollen, wieder gesund zu werden. Wenn Sie also keine Vorbehalte im Kontakt mit psychisch beeinträchtigten Personen haben und auch gerne Maßnahmen durchführen möchten, sind Sie hier richtig.
Das Berufsfeld des Psychologischen Beraters nach dem Studium
Sie wechseln gerne die Perspektive, um einen Konflikt von allen Seiten zu betrachten? Sie fällen dabei kein vorschnelles Urteil, sondern analysieren erst gründlich? Außerdem träumen Sie davon, anderen Menschen dabei zu helfen, ihre persönlichen Probleme zu lösen oder die richtige Entscheidung zu fällen? Dann ist der Beruf des Psychologischen Beraters oder Personal Coaches genau der richtige für Sie. Als Psychologische/r Berater/in oder Personal Coach arbeiten Sie daran, die subjektive Zufriedenheit und Lebensqualität der ratsuchenden Person zu verbessern. Die Beratung, auch Coaching genannt, führen Sie in intensiven persönlichen Gesprächen kooperativ und auf Augenhöhe durch. Dabei verhalten Sie sich Ihrem Klienten gegenüber zugewandt und verständnisvoll, sind aber trotzdem professionell distanziert und nach außen zu 100 Prozent verschwiegen. Wichtig ist auch zu wissen, dass es sich bei der Beratung nicht um eine Therapie handelt. Ihre Klienten sind psychisch gesund, brauchen aber Ihre Unterstützung, um sich in einer wichtigen Lebensfrage positiv orientieren zu können.
Das Berufsfeld des Sportpsychologen nach dem Studium
Sie waren schon immer begeistert von Sport und sind selbst aktiver Sportler? Die Welt des Leistungssports mit seinen Stars, Rekorden und Events fasziniert Sie? Sie möchten andere dazu motivieren, das Beste aus sich herauszuholen? Und auf die Arbeit mit Gruppen oder Teams haben Sie große Lust? Dann ist der Beruf als Sportpsychologin oder Sportpsychologe genau das Richtige für Sie. Dabei beschäftigen Sie sich je nach Ausrichtung mit dem Gesundheits- oder dem Leistungssport. Der Gesundheitssport versteht sich als Mittel, um die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden von Personen zu fördern. Im Leistungs- oder Spitzensport geht es darum, die Leistungsvoraussetzungen der Sportlerinnen und Sportler zu verbessern, zu stabilisieren oder wiederherzustellen sowie auf die psychische Gesundheit zu achten. Dabei gehört zu Ihren Aufgaben unter anderem Psychoregulation und Stressmanagement zu fördern, Athletinnen und Athleten persönlich zu beraten, z. B. bei Verletzungen oder der Rehabilitation, darin, Trainingsformen zu vermitteln, Trainer aus- und fortzubilden oder Teams zu entwickeln. Aber auch andere Inhalte wie Medientraining, Organisationsentwicklung oder Diagnostik können zu Ihren Aufgaben gehören. Die Zielpersonen Ihrer Arbeit sind Sportler aller Leistungsbereiche vom Freizeit- bis zum Spitzensportler, aber auch solche mit besonderen Bedürfnissen wie Personen mit Beeinträchtigung, Kinder oder Senioren. Auch Trainer, Schiedsrichter oder Führungskräfte in Unternehmen können Ihre Beratung in Anspruch nehmen.