Künstliche Intelligenz als Werkzeug, Menschlichkeit als Fundament

KI in der Sozialen Arbeit

Sozialarbeiter nutzen am Laptop KI in der Sozialen Arbeit als Teil der Sozialarbeit 4.0

Künstliche Intelligenz (KI) verändert unsere Arbeitswelten in rasantem Tempo. Auch die Soziale Arbeit und die Sozialpädagogik stehen vor der Frage: Wie können wir diese Technologien sinnvoll nutzen, ohne eine wesentliche Kernaufgabe wie die Beziehungsgestaltung zu verlieren? Als Professorin für Soziale Arbeit und Sozialpädagogik beschäftigt sich Jutta List-Ivankovic mit der ethisch reflektierten und sinnvollen Integration von KI in Bildungs- und Sozialprozesse. In diesem Beitrag ist es ihr Anliegen, Chancen der Sozialarbeit 4.0 zu erkennen, Potenziale zu nutzen, Risiken zu benennen und die Menschen ins Zentrum zu stellen. 

Welche Auswirkungen wird KI auf die Soziale Arbeit haben?

KI wird die Rolle von Fachkräften nicht ersetzen, aber verändern. Routineaufgaben wie Dokumentation, Terminplanung oder die Auswertung von Daten können durch intelligente Systeme unterstützt werden. Das bedeutet: Weniger Zeit für Administration, mehr Zeit für Beziehung. 

Doch diese Entlastung setzt voraus, dass wir die Technik verstehen, sinnvoll einsetzen und kritisch reflektieren. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter brauchen digitale Kompetenzen – nicht um programmieren zu können, sondern um KI als Werkzeug sicher und verantwortungsvoll einzusetzen. 

Gerade hier zeigt sich: Emotionale Kompetenz, Empathie und die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, sind nicht automatisierbar und bleiben das zentrale Fundament unserer Arbeit.

Kann KI Soziale Arbeit ersetzen?

Die klare Antwort lautet: Nein. Soziale Arbeit ist Beziehungsarbeit. Sie lebt von Empathie, Vertrauen und der Fähigkeit, komplexe Lebenslagen zu verstehen. Diese Qualitäten sind nicht automatisierbar. 

Gerade in Beziehungen, Krisensituationen, bei Gewalt, Armut oder psychischen Belastungen ist der menschliche Kontakt unverzichtbar. KI kann Daten analysieren, aber keine emotionale Wärme schenken. Sie kann Muster erkennen, aber keine Hoffnung geben. 

Das bedeutet: Der Mensch bleibt nicht nur wichtig, er wird wichtiger als je zuvor. Denn je digitaler unsere Welt wird, desto mehr sehnen sich Menschen nach echter Begegnung. 

Bindung und Beziehung sind das Herz der Sozialen Arbeit, sie können durch keine Technologie ersetzt werden und sind in Krisenmomenten enorm wichtig. 

KI-Tools in der Sozialen Arbeit – Chancen und Grenzen

Schon heute gibt es Anwendungen, die Fachkräfte unterstützen: 

  • Dokumentationshilfen, die Sprache in Text umwandeln. 
  • Analyse-Tools, die Risiken in Fallverläufen erkennen. 
  • Chatbots, die erste Informationen bereitstellen. 

Diese Tools können wertvolle Assistenten sein, wenn wir sie richtig einsetzen. Die Grenze liegt dort, wo Technik Beziehung ersetzt oder Entscheidungen ohne menschliche Kontrolle trifft. Ethik, Datenschutz und Transparenz müssen die Leitlinien sein. 

Technik kann unterstützen, aber sie darf niemals die emotionale Nähe und das Vertrauen ersetzen, die nur durch menschliche Begegnung entstehen und getragen werden.

Chatbots in der Sozialen Arbeit – Hilfe oder Gefahr?

Chatbots können niederschwellige Zugänge schaffen: Erste Fragen beantworten, Informationen bereitstellen, Wartezeiten überbrücken. 

Aber: Sie dürfen kein Ersatz für persönliche Beratung sein. Ein Chatbot kann keine komplexen Lebenslagen erfassen, keine Emotionen deuten, keine Verantwortung übernehmen. 

Deshalb gilt: Chatbots sind Werkzeuge, keine Berater. Sie ergänzen und können nicht ersetzen, wozu Menschen in der Lage sind.  

Ein Chatbot kann Informationen liefern, aber niemals die Wärme, das Verständnis und die emotionale Sicherheit bieten, die echte Beziehung schafft.

KI und Soziale Arbeit – wie wichtig Fortbildungen sind

Die wichtigste Ressource für eine gelingende Integration von KI sind gut ausgebildete Fachkräfte. Fortbildungen müssen nicht nur Technik erklären, sondern auch ethische Fragen behandeln und beantworten können: 

  • Wie vermeiden wir Diskriminierung durch Algorithmen? 
  • Wie schützen wir sensible Daten? 
  • Wie bewahren wir die Würde der Menschen, mit denen wir arbeiten? 

An der PFH setzen wir auf eine werteorientierte, praxisnahe Ausbildung. Wir wollen Fachkräfte befähigen, KI kritisch, reflektiert und sinnvoll zu nutzen – eben nicht als Ersatz für Menschlichkeit, sondern als Werkzeug für Teilhabe,  

Fortbildung muss nicht nur Technik vermitteln, sondern auch die Bedeutung von Empathie und Beziehungsarbeit als unverzichtbare Kernkompetenz stärken.

Ausblick: Mensch und Maschine – eine Partnerschaft?

Die Zukunft der Sozialen Arbeit liegt nicht im Entweder-oder, sondern im Sowohl-als-auch. KI kann uns entlasten, Prozesse beschleunigen und neue Perspektiven eröffnen. Aber sie darf nie die Beziehung ersetzen, die zentrales Element unserer Profession ist. 

Mein Impuls: Lasst uns die Chancen nutzen, ohne die Risiken zu ignorieren. Lasst uns Technik als Assistent sehen – und den Menschen als unverzichtbares Zentrum 

Die Zukunft liegt in einer Balance: Technik als Helfer, aber Emotionen, Bindung und Vertrauen als unverzichtbare Basis jeder sozialen Interaktion. 

Aktuelle Beiträge im Sammelband von Linnemann et al. (2025) zeigen: Die Soziale Arbeit steht vor der Herausforderung, KI nicht nur technisch, sondern auch sozialethisch und professionsbezogen zu reflektieren. In der Praxis werden bereits KI-gestützte Tools zur Risikoabschätzung in der Jugendhilfe oder zur Unterstützung bei der Vermittlung von Hilfsangeboten eingesetzt (vgl. Themenheft des Deutschen Vereins, 2025). 
  
Die Profession steht vor der Aufgabe, KI nicht nur technisch, sondern auch ethisch, rechtlich und professionsbezogen zu reflektieren. Die DGSA-Fachgruppe „Digitalisierung und Soziale Arbeit“ vernetzt Forschende und Praktiker:innen, um gemeinsam Standards für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI zu entwickeln.

Fazit

Künstliche Intelligenz kann die Soziale Arbeit bereichern, aber niemals ersetzen. Die wahre Stärke liegt im Menschen, in Empathie, Kreativität und Beziehungsfähigkeit. KI ist ein Werkzeug, das uns Routine abnimmt und neue Möglichkeiten eröffnet. Doch die Gestaltung von Beziehungen, das Verstehen komplexer Lebenslagen und das Schaffen von Vertrauen bleiben menschliche Aufgaben. 

Literatur und weiterführende Links