November 2023

Umgang mit KI - Experten-Interview mit Prof. Dr.-Ing. Stefan Wagenpfeil

Prof. Dr.-Ing. Stefan Wagenpfeil

Prof. Dr.-Ing. Stefan Wagenpfeil im Interview zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz, dem Web 3.0 und warum die Menschen den entscheidenden Unterschied machen.

Herr Prof. Wagenpfeil, seit dem Wintersemester 2023 lehren Sie als Wirtschaftsinformatik-Professor an der PFH. Was ist Ihr erster Eindruck vom Campus Göttingen?

Mir ist schon bei meinen ersten Besuchen am Campus die positive Grundstimmung aufgefallen. Seitdem ich nun regelmäßig donnerstags zu meinen Vorlesungen und Seminaren in Göttingen bin, hat sich dieser Eindruck noch vertieft. Es ist eine sehr bereichernde Atmosphäre, ob unter Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden oder auch den Gästen der Hochschule.

Sie waren ja bereits als Lehrbeauftragter an der Fernuni Hagen tätig. Warum sind Sie jetzt dem Ruf an die PFH gefolgt?

Für die PFH sprechen aus meiner Sicht vor allem Größe und Aufstellung. Mir gefällt, dass es einen persönlichen Kontakt und Austausch mit den Studierenden gibt, dank der „Klassenzimmerstärke“ in Vorlesungen und Seminaren. Auch die Interdisziplinarität an der PFH schätze ich sehr. Im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus den Departments Management & Law oder der Psychologie zu sein, empfinde ich als bereichernd. Die Orientierung am Leitmotiv D3 kommt mir natürlich insofern entgegen, als mir als Informatiker der Megatrend Digitalisierung quasi „im Blut“ liegt. Richtig spannend finde ich, wie man die Verbindung und den Transfer zu Dekarbonisierung und Demographie schafft, wie wir unsere Digitalisierungskonzepte und -ansätze in andere Bereiche übertragen können.

Neben den vielen genannten guten Gründen, die für die PFH sprechen, war es letztlich eine Bauchentscheidung.

Mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Skills, welche spezifischen Kompetenzen sollten Absolventinnen und Absolventen, nicht nur der Wirtschaftsinformatik, besitzen, um in verschiedenen Sektoren erfolgreich zu sein?

Aus meiner Sicht gibt es drei Bereiche oder Themen, mit denen sich – übrigens nicht nur – Absolventinnen und Absolventen vertraut machen sollten. Das ist zuerst das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Sie ist längst in unserem Alltag angekommen, und mittlerweile gibt es tausende von Anwendungsfällen, die in fast allen Branchen zum Einsatz kommen. Für die Studierenden ist es wichtig, dass sie wissen, wie sie die Technologie einordnen und anwenden können, wo die Chancen und Risiken liegen.

Haben Sie dazu ein Beispiel aus Ihrer eigenen unternehmerischen Praxis?

Wir entwickeln beispielsweise gerade für einen TV-Sender eine journalistische KI, die Redakteuren dabei helfen soll, qualitativ hochwertige Beiträge mit einem entsprechenden Spannungsbogen in einer vorgegebenen Länge zu erzeugen. In der Praxis waren dafür immer zahlreiche Iterationen nötig, die enorm viel Zeit benötigt haben. Mithilfe dieser KI wollen wir den Redakteuren aber nicht nur fertige Lösungen bieten, sondern ihnen vielmehr auch beibringen, wie und warum sich ihre Entwürfe optimieren lassen. KI hilft hier also bei der individuellen Qualifizierung und bei der Erhöhung der Qualität im Journalismus. Sehr spannend, wie ich finde.

Welches sind aus Ihrer Sicht die beiden anderen wichtigen Zukunftsthemen?

Für mich ist es das Thema Web 3.0, die nächste Evolutionsstufe des Internets. Es ermöglicht unter anderem ein Internet ohne Zwischeninstanzen, garantiert Datenflüsse, die im vollen Besitz der User sind, und ermöglicht Anonymität auf Knopfdruck. So erlaubt uns die Blockchain Möglichkeiten der Identifizierung und Sicherung von Informationen, die wir bislang nicht gehabt haben. Das wird aus meiner Sicht für Absolventinnen und Absolventen, egal aus welchem Fach sie kommen, ein sehr wichtige Thema.

Der dritte wichtige Bereich ist das Thema Informationen. Was sind Informationen, wann brauchen wir sie und wie können wir sie nutzen? Egal, wo wir unterwegs sind, wir werden mit Informationen, Daten und Wissen zugeschüttet. Unternehmen sammeln Trillionen von Daten, ob Sensordaten in der Fertigung, Produktionsauftragsdaten oder Kundendaten. Für Unternehmen ist es wichtig, für alle erfassten Daten Filter zu finden, die diese zu aktuell benötigten Informationen machen. Daraus ergeben sich dann so Disziplinen wie Big Data oder Data Analysis.

Auch für uns als Individuen ist es wichtig, aus der uns täglich begegnenden Flut von Informationen die für uns relevanten herauszufiltern, weil wir ansonsten regelrecht „absaufen“. Wir brauchen Möglichkeiten, um mit Informationen umgehen zu können. In der Wirtschaftsinformatik hilft uns die Informationstheorie dabei. Für mich ist das nicht eine Pflichtveranstaltung für die Studierenden, ich bin davon überzeugt, dass sie das in jedem ihrer späteren Arbeitsbereiche brauchen werden.

Haben Sie mit Ihrer Erfahrung als Unternehmer einen anderen Blick auf die Lehre? Worauf legen Sie in der Lehre besonderen Wert?

Als Informatikprofessor werde ich natürlich alles, was in der Theorie in meinem Fachgebiet wichtig ist, lehren. Am Ende dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir es immer mit Menschen zu tun haben, auch die Absolventinnen und Absolventen in ihrem späteren Beruf. Ich möchte meine Studierenden nicht dazu ermuntern, zum Technologiefanatiker zu werden und alles durch automatisierte Prozesse abzulösen. Ich möchte ihnen eher das Bewusstsein dafür vermitteln, dass am Ende des Tages die Mitarbeitenden und die Teammitglieder den entscheidenden Unterschied machen. Die Fähigkeit, miteinander zu reden und auch zuzuhören ist sehr wichtig – gerade als Informatiker.

 

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